Lonely Planet Nachträge

Ich habe ja zu Weihnachten den Lonely Planet Kolumbien- Guide bekommen. David hat sich auch sofort darauf gestürzt und wir haben da so einige Lücken und “Fehler” entdeckt:

1. Es fehlt Girardot!!

Zugegeben, dem deutschen Leser fehlt Girardot eher nicht und ein deutscher Tourist sieht wohl das wichtigste von Kolumbien, auch wenn er um das Dorf einen riesen Bogen macht. Aber nachdem ich Girardot in drei Tagen gründlichst unter die Lupe genommen habe, breche ich nun eine Lanze für diesen “Vorhof zur Hölle” (es liegt in der “Terra caliente” und das bedeutet jahrein, jahraus +/- 40 Grad).

Für den Bogotáno an sich, vor allem den nicht wohlhabenden, ist Girardot das Wochenend- und Ferienausflugsziel schlechthin. Der Bus kostet nur umgerechnete 6 Euro (das ist von dem was man hier dafür kaufen kann ähnlich billig wie es klingt, für das Gehalt vieler Kolumbianer aber einer Reise angebracht.) und braucht nur drei Stunden. Dabei fährt er immer am Rio Bogotá entlang den Berg runter und macht so in der kurzen Zeit locker über 20 Grad gut. Man steigt also in Jeans und Pulli ein und wünscht sich beim Aussteigen schon in den nächsten Pool.

Von denen gibt es in Girardot aber zum Glück auch so einige. Wenn man es genau nimmt, besteht diese durchschnittlich unschöne Stadt aus Pools, Diskos/Clubs/Bars, Läden mit ganztägiger Musikbeschallung ( sogar in Metzgereinen), billigen Restaurants und Hotels. (Kommt einem irgendwie nicht unbekannt vor, oder?) Dabei liegt sie am Rio Magdalena, der dummerweise genau bei Girardot mit dem enorm dreckigen Rio Bogotá zusammenfliesst und auf dessen anderer Seite man direkt auf die etwas ärmere Stadt Flandes trifft, in der man angeblich alles wieder findet, was in Girardot verloren geht.

Klingt alles, als hätte der Lonely Planet Recht Girardot zu verschweigen? Ich finde nicht! Girardot ist eine Stadt, die für Bogotá irgendwie immer schon wichtig war. Die Eisenbahnlinie, die von der Sabana Bogotás aus in den 40er Jahren noch fuhr, fuhr genau dorthin. (und ein sehr schönes Exemplar ihrer Lokomotiven schmückt noch heute den Park Girardots.) Auch liegt, knapp zwanzig Minuten vor der Stadt, auf dem Weg von Bogotá aus, der grósste Aquapark Kolumbiens, Piscilago. Und als ob das noch nicht ausreichend wäre, hat die Stadt auch noch eine echt nette und gute Musikszene.

Letztere durfte ich an meinem ersten Abend direkt kennenlernen. In einem relativ grossen Wohnhaus mit Innenhof hat ein Musiker und Musikliebhaber eine private Bar eröffnet. Da die Stadt nicht die grösste ist, kennt man sich natürlich sobald man Musik macht, oder sich auch nur aktiv dafür interessiert und so kamen wir locker rein, und trafen auch nur Leute, die David direkt oder über eine Ecke kannte. Je nach Lust und Laune bestimmten die über die Playlist, oder stiegen gleich selbst auf das “Bühnchen” (voll ausgerüstet mit Gitarren, Mikros, Verzerrrern…) und was sie da lieferten kann sich echt hören lassen.

Das Piscilago kam dann gleich am nächsten Tag dran. Da das leider an Wochenenden (v.a. an verlängerten) enorm voll ist, kann ich nur wenig úber die Rutschen sagen, ausser dass die Schlangen von 40 min. bis 2 h von morgens um 10 bis kurz vor Schluss um 19.00 hoffentlich für sich sprechen und nicht nur für die Vorliebe der Menschen für alles, was möglichst viele lieben. Ich kann nur für die Wassertemperatur sprechen und für die Vogelvolieren und einige der Tiergehege. (manche waren schon etwas knapp bemessen). EIne Attraktion ist Piscilago aber auf jeden Fall und an einem Samstag in Girardot auch das einzig Vernünftige. Zumindest wenn man nicht in einem Conjunto mit Pool wohnt. Aber da kann man auch locker Sonn- oder Montage drin verbringen.

Girardot ist also nicht übel. Um in Girardot zu leben, muss man allerdings hart im Nehmen sein und wohl auch nen kleinen Spleen haben. Ich mag das ja und habe viel von den Girardotern gelernt: gute Gruselgeschichten und Aberglaube, Yoga und kleine Träume, Gemütlichkeit und viel Musik, damit überlebt man 40 Grad.

Nicht zu vergessen: Sex! Girardot wird auch Tirardot genannt, das spricht vielleicht für die Anziehungskraft der Girardoter… (Vielleicht aber ist es aber auch nur das klassische Charakteristikum einer Feier- und Badetourismusstadt, dass alle auf der Suche danach sind.)

2. Das Essen ist gar nicht so schlecht!!

Innerhalb von 10 Minuten Lonely Planetlektüre fiel etwa drei Mal der Hinweis., dass das Essen in Kolumbien nicht gerade die Krönung sei, man aber zum Glück auch karibische und perunanische Küchen fände. Dazu 1.: karibische Küche ist ja auch teilweise kolumbianisch. Und 2.: klingt das wirklich als müsste man einen grossen Bogen um kolumbianisches Essen machen. Als in Girardot auch noch ausgerechnet eine Amerikanerin über das hiesige Essen meckerte habe ich Beschlossen, auch hierfür eine Lanze zu brechen!

Kolumbianische Küche ist, das stimmt weder leicht noch stark gewürzt und hier werden Teile der Tiere gegessen, um die man vielleicht lieber einen riesen Bogen machen würde. Allerdings ist das in Argentinien auch der Fall und trotzdem soll mal einer kommen und mir gegenüber was gegen argentinische Küche sagen. Zugegeben: es stimmt auch, dass man das kolumbianisch gegrillte Fleisch nicht mit dem argentinischen vergleichen kann. Aber Kolumbien hat ja auch andere Sachen als Fleisch. Das vergisst man gelegentlich, weil es zu allem Fleisch gibt, beziehungsweise alles andere zu Fleisch, aber die anderen Sachen sind oft das eigentliche Highlight.

1. Arepas: Arepas sind Fladen, die im allgemeinen aus Maismehl gemacht werden. Ansonsten sind sie v.a. von Region zu Region unterschiedlich. Es gibt die Arepa Boyacense, die wie kleine Küchlein sind. Etwa 3 bis 4 Zentimeter im Durchmesser und einen guten Zentimeter hoch und gefüllt mit Frischkäse. Dabei sind sie leicht süsslich, sodass man sie zwar noch gut zu einem herzhaften Grillteller (Picada) essen kann, aber auch gut für sich oder mit einer heissen Schokolade. Dann gibt es noch die berühmte Arepa paisa aus Antioquia und dem eje cafetero. Diese gibt es zu so gut wie jedem Essen eines Paisa dazu, sie ist etwa Handteller gross und vielleicht einen halben Zentimeter hoch. Gemischt aus Maismehl, Butter und Milch und evtl. noch etwas geriebenem Käse. Hier hat jeder so ein wenig sein eigenes Erfolgsrezept. Davids Oma allerdings macht für mein Empfinden grossartige Arepas aus allen oben aufgeführten Zutaten, die es dann zum Frühstück mit Ei oder auch Abends mit heisser Schokolade gibt. Grossartig.
Apropos Ei. An der Karibikküste beherrscht man sogar die Kunst die Arepas vorzubraten und dann mit Ei zu Füllen, das ist auch ein Erlebnis für sich. Leider gibt es aber auch die klassische Beilagenarepa. Die schmeckt oft nach so gut wie nichts und ist wirklich nur dazu gedacht Sossen aufzutunken oder Fleisch eine Basis aus ein paar Kolenhydraten zuzufügen.
Mein bisheriges Highlight? Arepas de choclo con queso y huevo. Das perfekte Frühstück eines langen Tages, zubereitet von einer wunderbaren Gastgeberin, die einfach mal, von der morgendlichen Laufstrecke mit dem Gastgeber frischen Mais mitbrachte und den mit Milch (unter Feuerspeien und ächzen des Mixers – gottseidank gab es einen vergessenen Zweiten) zu einem Teig verarbeitete und briet (ohne viel Fett). Darauf eine Scheibe kolumbianischen Hirtenkäses und dazu dann noch Rührei. Das hält einen Tag lang vor, ist aber köstlichst!!

Sowieso ist schon das kolumbianische Frühstück reichhaltig. Tamales (eine Art im Bananenblatt gegarte Paella) gibt es genauso zum Frühstück wie Reis mit Ei und Linsen. Dazu ein frischer Saft aus einer dieser seltsamen Früchte, die man sonst nirgends bekommt oder auch der klassischen Mangos, Maracujas, Sternfrüchte… Oder gar eine Avena (Haferdrink, schmeckt wie flüssiger Milchreis mit Zimt und Zucker) oder Mazato (Drink aus fermentiertem Reis- lustig).

Aber ich wollte ja das Essen generell beschreiben, also v.a. das Gute. Neben Arepas gibt es v.a. in Boyaca, also der Region direkt nördlich von Bogotá, einige gute Backwerke (Almojabanas) und Süsses (Bocadillos: Guavengelee). Und sonst so? Reichhaltige Suppen: Ich liebe ja ahjiaco, eine Kartoffel-Hühnersuppe mit Maiskolbenstück und Kapern, dazu Avocado und Reis. Aber auch Sancocho( quasi Brühe, gibt es mit Huhn, Fisch, Gemüse, allem Möglichen) habe ich schon sehr gut hausgemacht gegessen. In der Strasse kann man oft auch gute Empanadas oder gefüllte Yucca kaufen oder auch Patacon con wasauchimmer(flachgekloppte und dann gebratene Kochbanane) mit den verschiedensten Beilagen. (Meistens min. eine Fleischsorte, Bohnen, Mais und Tomatensosse). Das Fleisch habe ich bisher aussen vor gelassen. Das liegt nicht daran, dass es schlecht ist, auch hier kommt es sehr auf Koch/Köchin an. Vielmehr habe ich noch nichts typisches entdeckt, was mich umgehauen hätte. (Abgesehen vielleicht vom Dünndarm, der allerdings aus anderen Gründen. – Wobei er tatsächlich nicht furchtbar schmeckte, nur eben nach Innerei) Allerdings ist meine nächste Station Medellin und da plane ich dem Lonely Planet gleich zweierlei zu beweisen: 1. Medellin hat mehr zu bieten als dieser Reiseführer anbietet (bitte!!) und 2. Das kolumbianische Essen ist grossartig, wenn auch reichhaltig. (Mich erwartet die Bandeja paisa).

Damit verabschiede ich mich fürs Erste und verschiebe die kolumbianische Fruchtschwärmerei, ebenso wie Villa de Leyva (da kann ich dem LP nix vorwerfen, es passt also nicht zum Topic) und die Gruselgeschichten (sind ein eigenes Buch wert- nicht umsonst kommen hier so gute Schriftfteller her).

 

Veröffentlicht unter Colombia, Land und Leute
3 Kommentare auf “Lonely Planet Nachträge
  1. matthias sagt:

    Macht Appetit!
    Patacon con wasauchimmer(flachgekloppte und dann gebratene Kochbanane)… und anderes
    Wieviel hasteda da zugenommen? Das frage ich natürlich nicht!

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